Vögel fallen tot vom Himmel wegen Diktatur III

Vielleicht ist es ein etwas bedenklicher Ansatz zum (Online-)Tagebuch schreiben, vor allem dann einen Eintrag zu verfassen, wenn ich gleich morgens einem toten Vogel begegne, aber vielleicht habe ich das auch einfach nicht auf der Hand. Es ist neuerdings warm. Zum ersten Mal in diesem Jahr bin ich morgens ohne Jacke draußen. Ich fühle mich so leicht, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, mit der schwedisch sprechenden Familie, die wir fast jeden Morgen belauschen und dessen jüngster Spross dem Hund jedes Mal das fürchten lehrt (immer ruft er PANTHER und kommt bedrohlich mit seinem Laufrad auf uns zugerollt), Smalltalk auf Schwedisch anzufangen (natürlich wird diese Situation niemals eintreffen). Wir sind ein paar Minuten später als sonst, die frühe Hundeflut hat sich bereits zurückgezogen. Sonnenstrahlen reflektieren auf jeder sich anbietenden Fläche. Wir blinzeln uns den Weg durch den Park. Einige Meter von dem Sandweg, über den wir schlurfen, fällt mir eine Anhäufung weißer Daunen auf, die der Wind bereits großzügig auf dem Rasen verteilt hat. Ich bin erleichtert, dass der Hund gerade eine andere Spur verfolgt, denn sie scheinen zu einer toten Taube zu gehören, die rücklings im Gras liegt. BITTE LESEN SIE HIER KEINERLEI BEDEUTUNG REIN, denke ich, es ist doch nur eine tote Taube.

Als wir den Park wieder verlassen, finden wir auf der großen Kreuzung ein heilloses Verkehrschaos wieder. Die Ampeln sind ausgefallen, stelle ich verwundert fest. Habe ich hier nicht vor ein paar Minuten noch ordnungsgemäß an einer roten Ampel gewartet? Die Ursache des Chaos ist schnell ausgemacht: Eine der Ampeln liegt abgeknickt auf dem Bürgersteig. Daneben steht das Auto einer Sicherheitsfirma, das allerdings zu intakt aussieht, als dass es sich hier um das Fahrzeug handeln könnte, das gerade eine Ampel auf die Bretter geschickt hat. Ich schaffe es gerade so, heil mit dem Hund über die Straße zu kommen. Die Kreuzung bleibt für den Rest des Tages chaotisch, obwohl schon am späten Nachmittag eine neue Ampel geliefert wird.

Vögel fallen tot vom Himmel wegen Diktatur II

Neue Morgenroutine: Bei der ersten Hunderunde die Umgebung nach bösen Omen (ist das der Plural?) absuchen, die sich in letzter Zeit häufen (dank dringend benötigten Antiallergikums bin ich des Nachts so tief im Schlaf versunken, dass es zwischen der Matratze und mir keinen Platz für Albträume gibt). Gestern war es einer der grauen Blumenkübel, für die die Stadt Kiel angeblich einen Preis bekommen haben soll und die so massiv sind, dass sie von Menschenhand nicht einfach so umgestürzt werden können. Der Erdhaufen neben ihm behauptete jedoch das Gegenteil. Jemand musste ihn umgeworfen haben (oder vielleicht sogar: etwas?). Ein finster dreinblickender Gärtner mit Glatze und Tätowierung am Hals schaufelte die Erde zurück in den Kasten und versuchte auch, die ramponierten Stiefmütterchen zu retten (es gelang ihm einigermaßen). Heute früh beobachtete ich das Pfotengemenge einiger sehr kleiner Hunde, deren Kläffen auf nichts anderes als Blutdurst schließen lässt. „LULU!“, brüllt eine Frau, als ein kleiner schwarzer Spitz aus dem Gebüsch hervorschnellt und drei Kontrahenten aus seiner Gewichtsklasse aufmischt. Ich beschließe, die übliche Route zu ändern, also drehen wir um und machen einen Schlenker über einen der Stege am Schreventeich. Den Hund gruselt es vor einer Joggerin, die auf einer Bank Dehnübungen macht. Den schlimmsten Schauer jagt mir aber eigentlich immer noch das morgendliche böse Omen vom Dienstag über den Rücken: Schon das zweite tote Vogelküken innerhalb kurzer Zeit, das aus der Hecke vor dem Haus gefallen sein muss. Diesmal war der Hund schneller, die Nase einmal kurz und heftig im Gebüsch vergraben und es mir dann direkt vor die Füße gespuckt. Ich war heilfroh, ihn um diesen Akt nicht erst bitten zu müssen. Es gab eine Notbestattung, für die ich mich seither schäme (eigentlich hätte ich den Vogel ordnungsgemäß im Garten vergraben müssen, aber es musste schnell gehen). Trotz der dunklen Vorzeichen sind mir heute immerhin Corona-Leugner*innen auf Fahrrädern (sie haben für heute eine Fahrraddemo angemeldet und versucht, sich als Critical Mass auszugeben. Die kritische Masse hat den Plan allerdings längst durchschaut) erspart geblieben. Stattdessen ist nun planlose, opportunistische Biedermeier wie Jan Josef Liefers der erste „Staatsfeind“, dessen Arbeitsvertrag trotz seines angeblichen Dissidententums verlängert wird. Statt der richtigen Worte für diese erratischen Zeiten finde ich also nur noch tote Vögel auf der Straße. Wie soll das alles enden?