Gescheiterte Magie

Es ist schon ein gefühltes halbes Leben her, dass ich mich einmal an einem Ritual für die Rauhnächte versucht habe: Am 25. Dezember 2019 habe ich dreizehn Wünsche auf kleine Zettel geschrieben, in ein kleines Gefäß geworfen und wollte fortan jeden Tag einen dieser Zettel ungelesen verbrennen. Um die Erfüllung des Wunsches, der am 6. Januar noch übrig gewesen wäre, hätte ich mich im Jahr 2020 höchstpersönlich kümmern müssen (ich weiß nicht mehr, ob die anderen zwölf Wünsche woanders Chefsache geworden wären). Allerdings habe ich mir dann beim Verbrennen der kleinen Zettel wahrscheinlich jedes Mal die Fingerspitzen mit angezündet, oder alle Feuerzeuge waren leer, oder es ist etwas anderes dazwischen gekommen, jedenfalls habe ich das Ritual nie beendet. Die Zettel befanden sich für die kommenden drei Jahre im Bauch einer ganz winzigen Handtasche in Fledermausform, die ich nie als Handtasche benutzt habe, weil darin ja die Zettel mit den Wünschen waren, die ich nie verbrannt habe. Ihr seht: Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Heute habe ich mich dazu entschieden, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

In der fledermausförmigen Tasche befanden sich noch ganze sieben Zettel. Hier einmal die vollständige Liste mit Kommentar der Wünschenden:

Bessere Disziplin (die nicht weh tut): Ich glaube, diese Sorte Disziplin gibt es höchstens bei Instagram. Tatsächlich war ich die Wochen um den Jahreswechsel herum ziemlich diszipliniert und habe wirklich jeden Tag (außer Weihnachten und Silvester wegen aufwändiger Essenszubereitung) mein aktuelles Schreibprojekt beackert. Seitdem weiß ich: Disziplin tut weh, wenn du zuhause keinen vernünftigen Bürohocker hast.

Mehr Quality-Schreib-Time: Keine Ahnung, was ich mir darunter vorgestellt habe. Hätte ich mich im Jahr 2020 um diesen Wunsch kümmern müssen, wäre der konsequenteste Weg dahin gewesen, meinen Job zu kündigen (oh, wait!).

Endlich mal eine richtige Sache fertig schreiben: Naja, das habe ich immerhin 2021 gemacht (141 abgeschlossene Einträge auf dieser Website gucken böse).

Mich besser konzentrieren können: Dafür hätte ich wahrscheinlich mein Spacephone in der Förde versenken müssen. Stattdessen habe ich es zwischenzeitlich zumindest einmal ins Klo geworfen.

Mein Leben auf die Reihe kriegen: Das ganze Internet ist voll mit Memes, die mir hierzu einfallen.

Beschissenen Leuten aufs Maul geben: Ich wüsste gerne, wen ich damals konkret gemeint habe, aber die sollten sich natürlich nach wie vor in Acht nehmen!

Zum Nordpol fahren: Bis zum Nordpol habe ich es leider immer noch nicht geschafft, aber ich war in Finnland wirklich nah am Polarkreis.

Im Rückblick würde ich dieses Rauhnächte-Ritual also um folgenden Punkt ergänzen: Wenn du die Wünsche drei Jahre lang im Bauch einer Fledermaus liegen lässt, kümmerst du dich um die meisten Angelegenheiten automatisch. Ich hoffe nur, dass ich jetzt keinen Ärger mit der Wilden Jagd bekomme (wegen Ritualklitterung o. ä.), aber bis die wieder aktiv sind, hat sich diese Angelegenheit hier sicherlich längst versendet.

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