On ne naît pas écrivaine : on le devient // Neues aus Süderbrarup

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ganz offiziell zur Schriftstellerin zu werden: 1. Sich eine oder mehrere Geschichten ausdenken und aufschreiben, die vielleicht jemand ausdruckt und verkauft und vielleicht noch jemand anderes liest. 2. Tatsachen schaffen: Es einfach behaupten, z.B. laut aussprechen, auf Visitenkarten drucken oder beim Finanzamt so anmelden. 3. Bei der nächsten Lesung die Freundin mitnehmen, die auch deine Lektorin ist, sie in einen schwarzen Rollkragenpulli, eine extravagante Hose und einen wehenden Mantel stecken und sie, während ihr den Ort des Geschehens betretet, ganz angeregt mit dem Freund, der auch der Verleger ist, telefonieren lassen und so tun, als sei das dein Alltagsgeschäft. Ich trage eine völlig übertriebene Trainingsjacke, während ich mich in genau dieser Situation befinde, weil ich verschiedene Autorinnen, die ich cool finde, öfter in auffälligen Jacken gesehen habe und mich diesem Dresscode mit Vergnügen anschließe. Wahrscheinlich sehe ich aus wie eine, die auf die Betreuung einer Lektorin in wehendem Mantel angewiesen ist (Fun Fact: Das bin ich). Das Auto von M. haben wir ganz unprätentiös vor Tedi gegenüber des Süderbraruper Bahnhofs geparkt. Im Garten der Gemeindebücherei soll ich 90 Minuten lang lesen; eine ganze Spielfilmlänge. Während ich schon als „endlich mal eine junge Autorin“ empfangen werde, kann ich mir noch nicht vorstellen, wie das gehen soll. Aktuell schaffe ich es selbst kaum, eine ganze Spielfilmlänge lang auf dem Sofa zu sitzen und dabei die ganze Zeit wach zu bleiben, egal wie spannend der Film ist, und das Textmaterial, das ich ausgedruckt und mit einer Architektenklammer zusammengeklammert habe, ist gleichzeitig zu kurz und zu lang für einen solchen Abend. Je mehr Leute sich auf den weißen Plastikstühlen niederlassen, die eher auf eine Gartenparty schließen lassen als auf eine Lesung, desto deutlicher wird: Ich bin die jüngste Person auf dieser Veranstaltung. Ich habe Texte über Animal Crossing und meinen Hass aufs Telefonieren dabei, wie soll das alles funktionieren? Es stellt sich schließlich heraus: Es funktioniert. 90 Minuten Lesezeit fließen gefüllt. Meine Freundin/Lektorin flitzt wehenden Mantels durch die Reihen und macht Fotos für Instagram mit meinem Handy, was ganz gut ist, weil ich angekündigt wurde als eine, die viel in den sozialen Medien herumhängt, aber das für die ankündigende Personen ein großes Rätsel sei. Nach Hause gehe ich mit ein paar Printerzeugnissen weniger, einem Blumenstrauß und den Kontaktdaten einer oftmals leerstehenden Hütte in Värmland/Schweden (M. wird später sagen, das klinge unseriös). Zuhause gibt es gegen Mitternacht noch Nudeln. Als Schriftstellerin lebt es sich mitunter ganz in Ordnung.

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