[SPOILER-ALERT für THE IRISHMAN]
Gestern THE IRISHMAN gesehen, was gleichzeitig mein erster Kino-Scorsese und der erste Scorsese ist, der für Netflix und nicht fürs Kino gedreht wurde. Die Kino-Auswertung ist nur das Feigenblatt für die Oscar-Teilnahme. Sollte man sowas überhaupt unterstützen? Zumal ich damals im Studium ein Seminar zu Martin Scorsese nach einer Sitzung geschmissen habe, weil ich keine Lust hatte auf noch ein Seminar, in dem es wieder nur um Männerfilme mit Männerfiguren mit Männerproblemen geht. Allerdings muss ich gleichzeitig zugeben, dass mein größtes Guilty Pleasure ausgerechnet SCARFACE ist. Mein Platz in der Extrahölle für schlechte Feministinnen ist damit sowasvon reserviert (obwohl Brian de Palma damit ja eigentlich eine Parodie auf dieses hypermaskuline, machomäßige Gangster-Ding gemeint hat, aber mit den ironischen Koksbergen ist es wohl dasselbe wie mit Schnurrbärten und hässlichen Strickpullis).
Ich saß dann gestern also im Kino, beobachtete das Zustandekommen fragwürdiger vetternwirtschaftlicher Deals, dramaturgisch exzellent platzierte, aber ebenso fragwürdige Gewaltausbrüche und das eine oder andere waidwunde Ego (Männerego natürlich, denn die weiblichen Figuren tun in diesem Film nur drei Dinge: lächeln, rauchen und bestürzt gucken) und bemerkte plötzlich, wie ich VERSTAND. Dass ich verstand, wie Old Boys Networks, toxische Männlichkeit und Platzhirsch-Paranoia im Allgemeinen funktionieren. Und dass es tatsächlich Männer gibt, die vielleicht einen Scorsese weniger hätten anschauen sollen und erst recht nie SCARFACE (ganz einfach: niemand ist Tony Montana, außer ich beim Monopoly, und das sind kapitalistische Sachzwänge für die ich nichts kann).
Was ich an Filmen dieser Art allerdings sehr tröstlich finde: Die Lebensentwürfe der Figuren sind auf lange Sicht meist zum Scheitern verurteilt, und die Bezahlung ist angemessen. Tony Montana stirbt als paranoide Witzfigur im Kugelhagel, Frank Sheeran stirbt allein, als Fossil, das völlig zurecht von der Familie den Versteinerungsprozessen überlassen wurde. Es ist, was es ist: Wenn man das Patriarchat im Glanze seines Untergangs betrachtet, geht es eigentlich.
Ein Gedanke zu “Es ist, wie es ist”